Kürzlich waren die Wissenschaftler auf der internationalen Fachmesse und Konferenz für Filtrations- und Separationstechnik FILTECH in Köln vor Ort, um ihre Erfindung einem breiten Publikum vorzustellen. Im Interview mit PROvendis berichten die Erfinder Dr. Groten und Dr. Roppertz über die Ursprünge ihrer Idee, die Motivation hinter der Erfindung und die Bedeutung des Patentschutzes. Zudem erläutern sie, welche Rolle die Zusammenarbeit mit PROvendis für den Schutz und die Vermarktung ihrer Technologie spielt.
Wie entstand die Idee zu der Erfindung „KatTex“ und welche Motivation steht dahinter?
Dr. Groten: In meiner industriellen Vergangenheit stellten wir Vliesstoffe mit besonders großer spezifischer Oberfläche her, die von Kunden chemisch mit organischen Katalysatoren modifiziert wurden, um sie bei Synthesen einzusetzen. Näheres erfuhr ich aber nicht. Dann las ich, dass wir einen Katalyse-Experten in Krefeld haben, nämlich Prof. Roppertz, und fragte ihn, ob wir gemeinsam versuchen sollten, Katalysatorpigmente auf Textilien zu fixieren. Mir schwebte dabei ein Färbeverfahren vor. Wenn das Verfahren funktioniert, hätten die Katalysator-beaufschlagten Textilien den Vorteil, dass ihre gesamte Oberfläche frei bleibt, also nicht mit Bindern belegt ist, wodurch eine vergleichsweise größere Oberfläche für die Katalyse zur Verfügung steht. Prof. Roppertz war seinerseits zuvor in der Abluftreinigung unterwegs, speziell in der Bäckerei-Industrie, wo bei der pyrolytischen Reinigung der Back-Apparaturen Kohlenmonoxid in der Abluft anfällt. Der Färbeprozess funktionierte.
Dr. Roppertz: Ich finde es spannend, wie sich die Bedeutung der Abgaskatalyse in den letzten Jahren verändert hat. Während sie in der Automobilindustrie durch den Übergang zu Elektrofahrzeugen zunehmend an Relevanz verliert, gewinnt die Katalyse zur Gasreinigung in der Industrie immer mehr an Bedeutung. Das liegt vor allem daran, dass strengere Umweltauflagen und der Wunsch nach nachhaltiger Produktion die Industrie dazu zwingen, Schadstoffe effizient zu reduzieren. Als ich 2020 als neu berufener Professor an die Hochschule kam war klar, dass auch die Katalyse neu gedacht werden müsste. So gefiel mir der Ansatz, weg von klassischen Katalysatoren, etwas Neues zu probieren. Die Idee zum katalytisch funktionalisierten Textil war geboren.
Was ist das Besondere an der Erfindung?
Dr. Groten: Wir können Bahnware oder auch fertig konfektionierte Schlauchfilter nachträglich mit einem Färbeverfahren katalytisch ausrüsten. Aufgrund unserer Technik weisen die ausgerüsteten Filter keinen erhöhten Druckverlust auf (der würde Ventilator-Energie kosten). Sie überstehen die industriellen Abreinigungs-Konditionen (Impuls-Luftstöße mit 6 bar) bei einem Katalysatorverlust von etwa 0,6 % innerhalb der ersten fünf Stöße und überstehen danach nachgewiesene 10.000 Impulse ohne weitere Verluste. Das konnte durch optimierte Fixierungskonditionen mit größenoptimierten Feststoff-Katalysatoren erreicht werden. Auffällig für Prof. Roppertz waren außerdem die hohen Umsätze bei relativ niedrigen Temperaturen. Sowohl die Polyester-Filtermaterialien als auch der beaufschlagte Katalysator kann zurückgewonnen werden (Kreislaufwirtschaft).
Dr. Roppertz: Ich finde Katalysatoren auf Textilien besonders faszinierend, weil sie im Vergleich zu klassischen anorganischen Trägern wie Keramik oder Metall deutlich flexibler sind. Textilien lassen sich leicht formen, anpassen und in komplexe Strukturen integrieren, was für Anwendungen mit begrenztem Platz oder speziellen Geometrien ideal ist. Außerdem sind sie leichter, was in mobilen oder tragbaren Systemen ein großer Vorteil sein kann.
Wann wurde Ihnen klar, dass Sie Ihre Erfindung schutzrechtlich sichern müssen? War das Thema Patente für Sie Neuland oder hatten Sie bereits Erfahrung damit?
Dr. Groten: Ich habe bereits viel Erfahrung mit Patenten und habe Prof. Roppertz gefragt, ob wir versuchen sollen erst zu patentieren und dann zu publizieren, was an Hochschulen eher unüblich ist.
Dr. Roppertz: Für mich war das Neuland, wobei Kollege Groten mich hier sehr gut mitgenommen hat.
Warum ist die Zusammenarbeit mit PROvendis für Hochschulerfinder*innen hilfreich und welche Unterstützung haben Sie durch PROvendis erfahren?
Dr. Groten: Dr. Thorsten Schaefer, Manager Patente & Lizenzen bei PROvendis, hat sehr schnell gesehen, dass in der Erfindung Potential steckt und hat uns dann ermutigt wirklich zu patentieren. Außerdem zeigte er uns, wie wir vorgehen sollten, insbesondere im Hinblick auf Prozess-, Anwendungs- oder Produktpatente. Des Weiteren hat er sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt, wichtige Fragen gestellt, die wir teilweise noch nachträglich bearbeitet haben. Dadurch hat er entscheidend dazu beigetragen, den Sachverhalt so aufzubereiten, dass ein guter Schutzumfang durch den Patentanwalt möglich wurde.
Dr. Roppertz: Da dies mein erster direkter Kontakt mit PROvendis war und ich zum ersten Mal eine Patentierung begleitet habe, hatte ich im Vorfeld keine konkreten Erwartungen. Die Zusammenarbeit mit PROvendis empfand ich jedoch als äußerst professionell und effizient.
Wie geht es jetzt weiter? Was sind die nächsten Schritte auf dem Weg zur Markteinführung Ihrer Erfindung?
Dr. Groten: Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass dieses Metier sich sehr langsam verändert. Ich habe schon einmal einen Schlauchfilter (ohne Katalysator) miterfunden, das war 2007, Pat. DE 10 2007 023 806, Markenname Nexx Bag und der Umsatz wächst langsam, weil ein Filter zwei bis drei Jahre Laufzeit überstehen muss, ehe er erneuert wird.
Wie geht es jetzt mit KatTex weiter? Bei unseren ersten Firmenkontakten wurden höhere Temperatur-Resistenzen gefordert. Da unser patentierter Prozess auf einem Färbeverfahren für Polyester basiert war klar, dass wir einen höher schmelzenden Polyester einsetzen müssen [siehe Eigenschaften Polyethylenterephthalat (PET) vs. Polyethylennaphthalat (PEN)]. Während PEN ca. 2015 kommerziell erhältlich war (siehe Pat. WO 2015/049027), konnten wir 2024 nur wenige Fasern über einen Hersteller im Bereich Filtertechnik sowie ein Stück Vliesstoff aus einem PET/PEN-Gemisch von einem anderen Anbieter erhalten. Beide Proben ließen sich mit unserem Verfahren mit Katalysator beaufschlagen. Fazit für die Gasfiltration: Wir benötigen dringend eine zuverlässige Quelle für PEN-Granulat oder, noch besser, für PEN-Filtermedien. Sollte PEN nicht mehr kommerziell erhältlich sein, sinken unsere Chancen. Ausblick für das Verfahren für die Flüssigkeits-Filtration: Es konnte ein guter katalytischer Umsatz in Wasser gezeigt werden. Aufgrund der wesentlich höheren Strömungen muss jedoch die Haftung des Katalysators an den Fasern verbessert werden. Zur Verbesserung der Katalysatorhaftung startet in Kürze gemeinsam mit Prof. Roppertz eine Abschlussarbeit.
Dr. Roppertz: Für mich als Entwickler aus dem Bereich der Katalyse bleibt es spannend, ob es uns gelingt auch PEN zu beschichten und gegebenenfalls auch andere Verfahren zur Beschichtung zu entwickeln, um auch andere textile Materialien mit höherer Temperaturresistenz zu beschichten.