Neues Urheberrechtsgesetz für die Wissenschaft – Teil 1

Nutzungsfreiräume in Unterricht & Lehre ab März 2018

Am 1. März 2018 tritt das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz (UrhWissG) in Kraft. Kern der Reform sind die Schranken des Urheberrechts, konkret die Vorschriften über die gesetzlich erlaubten Nutzungen von geschützten Werken für Unterricht, Wissenschaft und Institutionen. Regelungen, die bisher auf eine Vielzahl von Vorschriften verteilt waren, werden nun in einem neuen Unterabschnitt gebündelt. Künftig kann laut Gesetzesentwurfsbegründung jede Nutzergruppe auf eine Vorschrift zugreifen, die möglichst präzise die Art und den Umfang der erlaubten Nutzungen bestimmt. Das verspricht mehr Nutzerfreundlichkeit in der wissenschaftlichen Praxis.

Im Folgenden finden Sie eine Zusammenfassung der zentralen Bestimmungen:

Unterricht und Lehre

Nach § 60 a Abs. 1 UrhG dürfen zukünftig zur Veranschaulichung des Unterrichts und der Lehre bis zu 15 Prozent eines veröffentlichten Werkes vervielfältigt, verbreitet, öffentlich zugänglich gemacht und in sonstiger Weise für bestimmte Personengruppen öffentlich wiedergegeben werden. "Lehre" meint Lehrveranstaltungen an Universitäten, Fachhochschulen und sonstigen Hochschulen, z.B. Seminare und Vorlesungen. Die öffentliche Zugänglichmachung schließt auch elektronisch gestütztes Lernen (E-Learning) und Fernunterricht über das Internet (Distance-Learning) ein. 

Bestimmte Werke dürfen nach § 60 a Abs. 2 UrhG sogar vollständig verwendet werden. Dies betrifft Abbildungen, u.a. Fotografien, einzelne Beiträge aus derselben Zeitung oder Zeitschrift, sonstige Werke geringen Umfangs und vergriffene Werke.   

Zulässige Nutzungshandlungen

Die „Veranschaulichung" ist nicht auf den reinen Unterricht beschränkt. Auch die Vor- und Nachbereitung von Unterrichtsstunden sowie Prüfungsaufgaben, Prüfungsleistungen und die Vor- und Nachbereitung von Prüfungen sind einbezogen. Alle Nutzungshandlungen sind nur zu nicht-kommerziellen Zwecken zulässig. Ist eine Gewinnerzielung beabsichtigt, sind diese Nutzungen nicht gestattet. 

Berechtigte Personen

Zu den von § 60 a Abs. 1 UrhG Berechtigten gehören zunächst Lehrende und Teilnehmer derselben Veranstaltung. Die Begrenzung auf "dieselbe" Veranstaltung hat zur Folge, dass Studierende die Materialien nicht an spätere Semester weiterreichen dürfen - das würde den Nutzungsumfang überschreiten. Weiterhin sind Lehrende und Prüfer an derselben Bildungseinrichtung als Berechtigte genannt. Diese Regelung geht deutlich über das noch geltende Recht hinaus, wonach Vervielfältigungen nur für den eigenen Gebrauch erlaubt und eine Weitergabe untersagt sind. Schließlich ist es mit der Reform sogar zulässig, die im Unterrichtung oder in der Lehre verwendeten Werke für Dritte im Rahmen einer Präsentation - etwa von Lernergebnissen - zu vervielfältigen oder öffentlich zugänglich zu machen. Gedacht wurde hier beispielsweise an Besucher von Tagen der offenen Tür.

Ausblick

Hochschulen kommen mit Inkrafttreten der Reform in den Genuss spürbarer Handlungsfreiräume und Rechtssicherheiten betreffend Lehrveranstaltungen und Präsentationen von Inhalten und Ergebnissen. Damit erschöpft sich das neue Gesetz jedoch nicht, denn für die wissenschaftliche Forschung sind ebenfalls mehr Nutzungsmöglichkeiten geschaffen worden. Dies ist Thema des nächsten Beitrags zum Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz.

 

Autorin Dr. Sabine Zentek ist Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht. Ihr Fokus ist der Designschutz.

 

Teil 2 der Reihe:

>> Neues Urheberrechtsgesetz für die Wissenschaft – Teil 2: Änderungen in der wissenschaftlichen Forschung ab März 2018


Vera Spitz

Vera Spitz

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