Neues Urheberrechtsgesetz für die Wissenschaft – Teil 2

Änderungen in der wissenschaftlichen Forschung ab März 2018

Ab März 2018 dürfen nach der neuen Regelung des § 60 c UrhG zum Zweck der nicht-kommerziellen wissenschaftlichen Forschung bis zu 15 % eines Werkes vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies gilt für die eigene wissenschaftliche Forschung eines bestimmt abgegrenzten Personenkreises sowie für einzelne Dritte, soweit deren Tätigkeit der Überprüfung der Qualität wissenschaftlicher Forschung dient. Wie ist diese Regelung des neuen Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz (UrhWissG) im Einzelnen zu verstehen?

Vorteile für Forscherteams und -verbünde

Bei der gemeinsamen wissenschaftlichen Forschung ist es erlaubt, urheberrechtlich geschützte Werke oder Werkteile bis zur Obergrenze von 15 % zu vervielfältigen, weiterzugeben und öffentlich zugänglich zu machen. „Öffentlich zugänglich machen“ umfasst die Möglichkeit, das Material im Internet oder Intranet zum Download bereitzustellen. Diese Nutzungen dürfen jedoch nur zugunsten der im Gesetz genannten Personenkreise oder von diesen selbst vorgenommen werden. Durch das Merkmal „abgegrenzter Kreis von Personen“ sind insbesondere Netzwerke kleiner Forscherteams privilegiert. Sie dürfen die Werke untereinander austauschen ohne an derselben Einrichtung tätig zu sein.

Zweck muss immer die „eigene wissenschaftliche Forschung“ sein. Privilegiert sind neben Berufswissenschaftlern wie Hochschulprofessoren und wissenschaftlichen Mitarbeitern auch Studierende, die z.B. im Rahmen einer Bachelor-/Masterarbeit forschend tätig sind. Sogar freie Forscher können sich auf die neue Regelung stützen.

Das geschützte Material darf auch außerhalb von Forscherverbünden Dritten zugänglich gemacht werden und von diesen genutzt werden, soweit dies der „Überprüfung der Qualität wissenschaftlicher Forschung dient“. Hiermit hat der Gesetzgeber vor allem die Nutzung in Peer Reviews oder vor Preisverleihungen im Blick.  

Persönliche wissenschaftliche Forschung

Für die Forschung, die lediglich einem eigenen persönlichen Zweck dient, dürfen sogar bis zu 75 % aus einem urheberrechtlich geschützten Werk vervielfältigt werden. Allerdings ist im Gegensatz zur Tätigkeit in Forscherteams keine Weitergabe zulässig.

Voraussetzungen der Nutzungshandlungen

Erfasst sind nicht nur veröffentlichte Werke, wie es im Rahmen der neuen Nutzungsbefugnisse für Lehre und Unterricht der Fall ist, sondern auch unveröffentlichte Werke. Der Gesetzgeber bezieht sich hierbei vor allem auf Nachlässe. Wichtige Voraussetzung der neuen Regelung ist, dass keine kommerziellen Zwecke verfolgt werden – Nutzungen im Rahmen von Auftragsforschungen sind nicht erlaubt. Ausleihmöglichkeiten, Lizenz- oder Kaufangebote die fremden Werke betreffend sind nicht mehr vorrangig und müssen nicht berücksichtigt werden.

Vollständige Nutzung von Werken

Abbildungen, einzelne Beiträge aus derselben Zeitung oder Zeitschrift, sonstige Werke geringen Umfangs und vergriffene Werke dürfen vollständig genutzt werden.

Grenzen

Nicht erlaubt ist die Aufzeichnung von Live-Veranstaltungen, wie öffentliche Vorträge, Aufführungen oder Vorführungen. Ebenso ist deren Anschlussnutzung nicht gestattet.

 

Autorin Dr. Sabine Zentek ist Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht. Ihr Fokus ist der Designschutz.

 

Teil 1 der Reihe:

>> Neues Urheberrechtsgesetz für die Wissenschaft – Teil 1: Nutzungsfreiräume in Unterricht & Lehre ab März 2018


Vera Spitz

Vera Spitz

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