Vorbild Natur: Öl von Wasseroberflächen nachhaltig entfernen

23.04.2020 – Forscher der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn entwickeln umweltfreundliche Methode, um Gewässer von Öl zu reinigen.

Ölverschmutzungen in Gewässern und Meeren sind für das Ökosystem eine große Belastung. Neben großen Ölkatastrophen kommt es besonders häufig zu kleineren Zwischenfällen und Leckagen in Hafenbecken oder Gewässern, die die lokale Umwelt stark belasten.

Wissenschaftler um Prof. em. Dr. Wilhelm Barthlott der Uni Bonn haben nun eine neue Methode entwickelt, mit Öl verschmutzte Wasseroberflächen ebenso schonend wie effizient zu reinigen.

Bionik: Schwimmfarn Salvinia als Vorbild

Die Wissenschaftler entwickelten einen Ölschwimmer, der sich die adsorbierenden Eigenschaften des Schwimmfarnes Salvinia zunutze macht: „Seine Blätter besitzen eine superhydrophobe, also extrem wasserabweisende Oberfläche mit feinen Haaren. Im Kontakt mit Wasser werden die Blätter also nicht nass. Unter Wasser getaucht bildet sich eine stabile Luftschicht um die Blattoberfläche. Werden die Blätter in die Nähe von beispielsweise ölhaltigen Substanzen gebracht, wird die Luftschicht ersetzt – der Effekt des ‚Aufsaugens‘ tritt ein. Salvinia scheint also wie gemacht, um Öl von Wasseroberflächen zu entfernen“, erklärt Prof. Wilhelm Barthlott vom Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen. Die Bonner Forscher übertragen diese Eigenschaften in Kooperation mit dem ITA Aachen und der Heimbach GmbH im Rahmen eines von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Projekts auf ein Funktionstextil, das Kernstück des entwickelten Ölschwimmers ist. Dieser besteht aus dem bionischen Textil, das das Öl passiv von der Wasseroberfläche adsorbiert, und einem schwimmenden Behälter, in den das Öl geleitet wird. Das Textil schwimmt dabei auf der Wasseroberfläche und führt bis auf den Boden des Containers. Da der Container unterhalb der Wasseroberfläche liegt, entsteht ein deutlicher Höhenunterschied. So reicht die reine Schwerkraft aus, um Öl in den schwimmenden Behälter zu leiten. Von dort kann das Öl entsorgt werden.

Lautlos und effizient

Gebräuchliche Methoden, Ölkontaminationen von Wasseroberflächen zu entfernen, sind häufig sehr belastend für die Gewässer. Das Öl wird mittels Chemikalien aufgelöst oder gebunden, mit schwimmenden Barrieren werden Ölteppiche eingedämmt und dann abgepumpt – alles Maßnahmen, die Ökosysteme stark stören. Gerade in Naturschutzgebieten hat der Ölschwimmer also klare Vorteile gegenüber den gebräuchlichen Methoden: Der Einsatz von Chemikalien oder Maschinen wird unnötig. Der Schwimmer arbeitet ohne Motorbetrieb und quasi emissionslos, er verursacht keine zusätzlichen Umweltbelastungen. Während klassische Maßnahmen im sensiblen und schwer zugänglichen Uferbereich kaum erfolgreich arbeiten, entfernt der Ölschwimmer auch hier Ölverschmutzungen zuverlässig. Des Weiteren ist der Ölschwimmer wiederverwendbar und kann auch prophylaktisch eingesetzt werden, da er keinen störenden Einfluss auf seine Umgebung hat. In seiner Größe und Ausführung ist der Ölschwimmer zudem variabel, er kann sowohl im Gartenteich bis hin zum Großgewässer eingesetzt werden.

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Publikation:
W. Barthlott, M. Moosmann, I. Noll, M. Akdere, J. Wagner, N. Roling, L. Koepchen-Thomä, M.A.K. Azad, K. Klopp, T. Gries & M. Mail (2020): Adsorption and superficial transport of oil on biological and bionic superhydrophobic surfaces: a novel technique for oil-water separation. Philosophical Transactions A., DOI:  https://doi.org/10.1098/rsta.2019.0447

Weitere Informationen:
Newsletter 1/2020 der International Society of Bionic Engineering als PDF
Pressemitteilung der Uni Bonn (deutsch)
Pressemitteilung der Uni Bonn (englisch)

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Universität Bonn: Prof. em. Dr. Wilhelm Barthlott, barthlott@uni-bonn.de

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