Zellzüchtung deluxe - Neues Schichtverfahren entwickelt

PROvendis transferiert einzigartige Biopharma-Erfindung in das Aachener Start-Up PL BioScience GmbH

Wenn bisher Zellen für die pharmazeutische Forschung herangezüchtet wurden, geschah dies in einem über Jahrzehnte etablierten Verfahren: Auf dem biokompatibel beschichteten Plastikboden einer Petrischale wuchsen die Zellen zweidimensional in einem mit verschiedenen tierischen Nähr- und Wachstumszusätzen versetzten Medium heran. Die Nachteile liegen auf der Hand: Eine physiologisch ähnliche Wachstumsumgebung für humane Zellen sieht anders aus. Die Angst vor tierischen Krankheitserregern, die die Ergebnisse unbrauchbar machen, ist groß. Und wenn man den jüngsten Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden in Deutschland und Frankreich (Quelle: sueddeutsche.de, 10. November 2015: Doping in der Petrischale) Glauben schenken möchte, könnten zahlreiche Laborversuche für die Medikamentenentwicklung wertlos sein, weil manipulierte Nährstoffmedien die Forschungsarbeiten verfälscht haben.

Vor dem Hintergrund der GMP-Richtlinien (Good Manufacturing Practices) und der Erfüllung der arzneimittelrechtlichen Vorgaben, die die Grundvoraussetzung für eine klinische Prüfung und Zulassung entsprechender Zellpräparate für den Einsatz am Menschen bilden, sind Zellkulturmedien wünschenswert, die auf tierische Faktoren verzichten. Als Alternative wird deswegen bereits humanes Blutplättchen-Lysat (HPL) in der Laborforschung eingesetzt.

Wissenschaftlern des Uniklinikums der Rheinisch-Westfälisch Technischen Hochschule Aachen (RWTH) ist es jetzt gelungen, eine Methode zur schnelleren, sichereren und kontrollierteren Züchtung von Zellen zu entwickeln. Die natürliche Wachstumsumgebung der Zellen wird durch geschichtetes humanes Blutplättchenlysat (HPL), also Ausgangsmaterial humanen Ursprunges, forciert: die Zellen können jetzt sogar dreidimensional auf HPL-Gel als unterste Schicht in der Petrischale wachsen; umgeben sind die heranwachsenden Zellen von einem speziellen Nährmedium - ebenfalls bestehend aus HPL - der zweiten Schicht. Auf diese Weise wird ein Zellkultursystem ohne xenogene (d.h. von einer anderen Spezies übertragene) Komponenten geschaffen, welches eine gleichmäßige Verteilung von Wachstumsfaktoren aufweist und beispielsweise humanen mesenchymalen Stammzellen (MSCs) hervorragende Wachstumsbedingungen bietet. MSCs sind adulte Stammzellen, die aus verschiedenen Geweben eines Patienten gewonnen werden können und gegenwärtig großes Interesse als Ausgangsmaterial für eine Gewebeersatztherapie erfahren.

Das einzigartige Verfahren mit erfinderischem und wirtschaftlichem Potenzial wurde vom Patentscout der RWTH Aachen Dr. Marck Lumeij und der Patentvermarktungsgesellschaft PROvendis erkannt, so dass eine internationale Patentanmeldung unmittelbar erfolgte. Auf Basis dieser Innovation gründete sich das Aachener Start-Up PL BioScience GmbH, mit dem PROvendis, in Kooperation mit der Hochschule, erfolgreiche Vertragsverhandlungen für die exklusive Nutzung der fortan geschützten Erfindung aushandelte.

Insgesamt betrachtet ein Musterbeispiel für erfolgreichen Transfer von Wissen in die wirtschaftliche Anwendung: Der Wissenschaftler und CEO Dr. Hatim Hemeda bildet mit Christian Wilkes das Management des Biotech Start-Ups – ein Team bestehend aus einem erfahrenen Spezialisten im wissenschaftlichen Bereich und einem versierten Kaufmann. „Durch das 3D-Zellkulturverfahren, das wir für unser Produkt PLMATRIX anwenden, haben wir neben dem generellen Angebot von humanem Plättchenlysat ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen, mit dem andere Anbieter nicht mithalten können“, erklärt Dr. Hatim Hemeda. „Die Kunden merken, dass wir ihre Sprache sprechen und ihre Bedürfnisse kennen. Denn wir liefern das Produkt in lyophilisierter Form, denkbar einfach und ohne großen Aufwand. Es muss nur in Suspension gebracht werden, und fertig ist das Gel“, fügt Christian Wilkes hinzu. PL BioScience hat die PLMATRIX bereits nach Österreich, Polen, Tschechien und Großbritannien versandt, neue Anfragen kommen regelmäßig hinzu. „Kein Wunder. Denn unser Gel ist nicht einfach nur ein Trägermaterial, sondern die Zellen können sich daraus prima mit den nötigen Wachstumsfaktoren versorgen und das messen wir auch, zum Beispiel bezogen auf die Verdopplungszeit“, erklärt Hemeda.

Website des Start-Ups PL Bioscience GmbH: http://www.pl-bioscience.com/